Einen Wellensittich einschläfern lassen

Wellensittich einschläfern

Jeder Vogelhalter kann in die Situation kommen, dass ein Wellensittich unheilbar krank wird. Dann steht man plötzlich auch vor der Frage, ob man den Wellensittich einschläfern lassen soll, um ihn nicht unnötig lange leiden zu lassen. 

Einen Wellensittich einschläfern: ja oder nein?

Viele Vogelhalter tun sich schwer damit, ein unheilbar kranken Wellensittich einschläfern zu lassen. Das ist verständlich, denn zum einen ist das Einschläfern eine endgültige Entscheidung, die man nicht rückgängig machen kann. Zum andern steht dahinter die Frage, ob man als Mensch das Recht hat, das Leben eines Tieres – selbst wenn es schwerkrank ist – aktiv zu beenden. Letztendlich steht hinter der eigenen Einstellung zum Einschläfern wohl die ethische Frage: darf man sich als Mensch zum Herr über Leben und Tod eines Tieres machen? Die Antwort darauf kann einem niemand abnehmen.

Mit anderen Worten: die Entscheidung, einen unheilbar kranken Wellensittich einschläfern zu lassen, müssen Sie selbst treffen. Wenn Ihr Tierarzt Sie fragt, ob Sie Ihren Vogel einschläfern lassen wollen, können nur Sie die Antwort geben: ja oder nein. Selbstverständlich kann Ihr Tierarzt Sie diesbezüglich beraten und unterstützen. Aber die Entscheidung liegt letztlich bei Ihnen.

Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich mit dem Thema Wellensittich einschläfern lassen einmal in Ruhe beschäftigen. Das geht am besten, solange Ihre Wellensittiche noch gesund und munter sind und Sie diesbezüglich keinen Zeitdruck haben.

Einschläfern im deutschen Tierschutzgesetz

Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet es, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Das bedeutet, dass man nicht grundlos ein Tier und damit auch einen Wellensittich einschläfern darf. Es bedeutet aber auch, dass man als Mensch die Schmerzen und das Leid eines Tieres bzw. Wellensittichs nicht ignorieren, dulden oder verlängern darf.

Laut Tierschutzgesetz dürfen Wirbeltiere – und damit auch Wellensittiche – nur unter Betäubung in einem Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden. Das bedeutet, dass es unter allen Umständen verboten ist, als Vogelhalter einen Wellensittich selbst zu töten.

Einschläfern kann eine Erlösung sein

Es kann für einen kranken Wellensittich eine Erlösung sein, wenn Sie ihn einschläfern lassen. Das liegt daran, dass ein kranker Vogel im Haus viel länger mit seinem Leid überleben kann als in der Natur. In der Natur werden kranke Vögel schnell von Fressfeinden getötet, wenn sie zu schwach sind, um wegzufliegen. Das bedeutet, dass Wildvögel, wenn sie krank sind, niemals so lange leiden müssen wie ein Haustier. Dieses Hintergrundwissen kann Ihnen helfen, wenn Sie sich fragen, ob Sie überhaupt das Recht haben, das Leben eines unheilbar kranken Wellensittichs zu beenden, indem sie den Wellensittich einschläfern lassen.

Es gibt aber keine allgemein gültigen Regeln in Bezug auf die Frage, in welchen Fällen und zu welchem Zeitpunkt das Einschläfern eine Erlösung für den kranken Vogel ist. Es ist vielmehr eine Entscheidung, die Sie zusammen mit Ihrem vogelkundigen Tierarzt individuell für den kranken Vogel treffen müssen. Sie sollten daher Ihren kranken Wellensittich beobachten, um festzustellen, ob er noch Lebensfreude hat oder ob er so sehr leidet, dass der Tod für ihn eine Erlösung ist. Dafür sollten Sie sich auf jeden Fall ein paar Tage Zeit nehmen. Sie müssen beim Tierarzt niemals sofort zustimmen, wenn dieser Ihnen auf einmal empfiehlt, Ihren kranken Wellensittich einschläfern zu lassen.

Wie erkenne ich, ob mein Wellensittich nur noch leidet?

Die Voraussetzung dafür, dass man einen Wellensittich einschläfern lässt ist, dass er wirklich nur noch leidet. Es ist allerdings gar nicht so einfach herauszufinden, ob ein Vogel nur noch leidet. Die Vögel verstecken Unwohlsein und Schmerzen nämlich instinktiv so lange sie können.

Wenn Sie einen unheilbar kranken Wellensittich haben, sollten Sie ihn deshalb genau beobachten. Wenn Sie sehen, dass er

  • starke Schmerzen hat (zittert, kneift die Augen zu)
  • neurologische Ausfälle hat
  • sich kaum noch oder gar nicht mehr bewegt
  • immer weniger oder gar nicht mehr futtert
  • sein Gefieder kaum noch oder gar nicht mehr pflegt
  • dauernd müde oder sogar apathisch ist
  • kein Interesse mehr am Partner und am Schwarmleben hat,

dann können das Hinweise darauf sein, dass er nur noch leidet. Selbstverständlich müssen auch nicht alle aufgezählten Verhaltensweisen gleichzeitig zutreffen; es reicht normalerweise schon ein Teil davon, um sagen zu können, dass ein Vogel stark leidet.

Leidet mein Wellensittich beim Einschläfern?

Nein. Wellensittiche leiden beim Einschläfern nicht. Laut deutschem Tierschutzgesetz dürfen Tiere nur unter Betäubung bzw. Vermeidung von Schmerzen getötet werden.

Der Tierarzt verabreicht dem kranken Wellensittich daher zuerst per Spritze oder Inhalationsmaske ein sehr hoch dosiertes Narkosemittel. Dies versetzt den Wellensittich innerhalb von wenigen Sekunden in eine sehr tiefe Narkose. Bei sehr schwachen Vögeln kann es schon durch das Narkosemittel in wenigen Sekunden zum Herzstillstand und damit zum Tod kommen. Andernfalls spritzt der Tierarzt dem Vogel kurz darauf ein Medikament, das sofort zum Herzstillstand führt. Davon bekommt der Wellensittich wahrscheinlich nichts mehr mit. 

Soll ich beim Einschläfern dabei sein?

Es hängt ganz von Ihnen ab, ob Sie dabei sein wollen, wenn der Tierarzt Ihren Wellensittich einschläfern wird. Wenn Sie die Kraft dazu haben, dürfen Sie Ihren kranken Vogel selbstverständlich auf seinem letzten Weg begleiten und beim Einschläfern im Behandlungszimmer bleiben. Genauso gut können Sie sich aber auch vorher von Ihrem noch lebenden Wellensittich verabschieden und das Behandlungszimmer vor dem Einschläfern verlassen.

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Lexi

Lexi schreibt die Texte auf pizpon.de. Sie hat viele Jahre lang selbst Wellensittiche gehalten und sich dabei zur Expertin für die artgerechte Haltung von Wellensittichen entwickelt. Hier möchte sie ihre Erfahrung teilen, um möglichst vielen Wellis ein besseres Leben zu ermöglichen.

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